Imkerei – weniger ist mehr: Argumente

Die Zahl der Akteure und Massnahmen zum Schutz der Artenvielfalt ist gross – entsprechendes Engagement ist zum Trend geworden. Ein beliebter und weithin akzeptierter Ansatz ist dabei die Förderung von Honigbienen. Wie jeder Trend sollte aber auch dieser kritisch betrachtet werden. Es stellt sich die Frage, ab wann eine gut gemeinte und scheinbar grüne Lösung zu ökologischen Problemen eher beiträgt, als sie zu lösen.

Foto: Die Weissflaum-Sandbiene (Andrena nitida) ist eine weit verbreitete, nicht spezialisierte Wildbiene. Das Bild zeigt ein Männchen. (Foto: © Jürg Sommerhalder)

Honigbienenförderung und Biodiversitätsverlust
Neben der kommerziellen Imkerschaft widmen sich heute auch viele Privatpersonen der Bienenhaltung [1]. Zudem versuchen Firmen [2][3][4] und politische Parteien [5] mithilfe der Sympathieträgerin Honigbiene ihr Image grüner zu gestalten und unterstützen deshalb Projekte zur Förderung von Honigbienen. Dadurch steigt die Dichte an Honigbienen mancherorts rasant an und erreicht bereits Werte [6], welche klar das Potenzial zur Störung des ökologischen Gleichgewichts haben – und somit zum weiteren Rückgang der Artenvielfalt beitragen können [7] [8].

Konkurrenzsituation
Schon seit geraumer Zeit besteht unter den Experten die Befürchtung, dass Honig- und Wildbienen in Konkurrenz zueinander stehen könnten. Immer mehr Studien beschäftigen sich deshalb mit den Auswirkungen hoher Honigbienendichten auf die lokale Wildbienenfauna. Viele Resultate weisen deutlich darauf hin, dass eine hohe Dichte an Honigbienen:

  • zur Konkurrenz um Nahrungsressourcen zwischen Honig- und Wildbienen führt [9][10][11][12][13][14][15][16][17][18][19][20][21][22][23][24][25][26]
  • Wildbienen verdrängt [10][11][12][13][20][22][23][24][25][26][27]
  • Anzahl und Fitness des Wildbienennachwuchses mindern kann [17][23][24|[28][29] und
  • die Übertragung von Krankheiten der Honig- auf die Wildbiene begünstigt [19][30][31].

Bereits heute gilt fast die Hälfte der 616 [32][33] für die Schweiz nachgewiesenen Wildbienenarten als bedroht oder ausgestorben [34]. Die langfristigen Folgen dieses Schwundes können äusserst problematisch sein: Wildbienen gehören zu den wichtigsten faunistischen Bestäubern von Wild- und Kulturpflanzen [35][36]. Sie zählen daher zu den Schlüsselarten in terrestrischen Ökosystemen und tragen massgeblich zur Artenvielfalt bei [37][52][53].

Fehlende Regulierung
Die Problematik des Einflusses hoher Honigbienendichten auf die Umwelt wurde von einigen Kantonen bereits erkannt. So wird die Installation von Honigbienenständen beispielsweise in den Naturschutzgebieten der Kantone Bern [38] und Zürich [39] nicht mehr bewilligt. Eine solche Regelung für die gesamte Schweiz lässt jedoch auf sich warten. Und selbst in den beiden genannten Vorreiter-Kantonen fehlen für einen effektiven Schutz der Naturschutzgebiete sinnvolle Pufferzonen: Der Flugradius von Honigbienen kann drei Kilometer und mehr betragen [40]. Er liegt also deutlich über dem Durchmesser der meisten Schutzgebiete im Kanton Zürich; diese sind also trotz des Verbots de facto kaum geschützt.
Die höchsten Honigbienendichten werden heute in Städten erreicht [41]. In der Stadt Zürich hat gemäss Auskunft des kantonalen Veterinäramtes die Zahl der Imkerbienenstände seit 2014 um 80% zugenommen [42]. Als pestizidfreie, strukturreiche und blütendiverse Zonen stellen Siedlungsräume wichtige Habitate dar und weisen eine oft beeindruckende Wildbienenvielfalt auf. So lassen sich in Städten viele seltene und bedrohte Wildbienenarten beobachten [43] [44]. Aus diesem Grund erscheint es besonders problematisch, dass Honigbienenhaltung in urbanen Räumen ebenso wenig reguliert wird wie in klassischen Zonen mit schützenswerter Flora und Fauna.
Gemäss aktueller Praxis müssen Honigbienenstände und -völker lediglich beim entsprechenden Veterinäramt gemeldet werden. Dieses prüft nicht auf allfällige Einschränkungen am betroffenen Ort. Eine Regulierung nach quantitativen und qualitativen Gesichtspunkten fehlt somit [44]. Zudem wird die Meldepflicht von einigen ImkerInnen ignoriert und von den Behörden nicht durchgesetzt [45].

Falsche Wahrnehmung, irreführende Kampagnen und fehlende Aufklärung
Die Haltung von Honigbienen wird als Massnahme zur Förderung der Biodiversität verstanden, zudem auch als ein wichtiger Beitrag zur Aufrechterhaltung der Bestäubungs- bzw. Ernährungssicherheit. Zahlreiche Studien belegen jedoch, dass die Rolle der Honigbienen bei der Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen zumeist überschätzt wird [46][47][48][49].
So stellen sich die höchsten landwirtschaftlichen Erträge tatsächlich bei einer möglichst grossen Vielfalt natürlicher Bestäuber ein [36][47]. Eine zu hohe Dichte an Honigbienen wirkt sich also auch in Agrarökosystemen und somit wirtschaftlich kontaproduktiv aus [50][51].
Kampagnen zur Honigbienenförderung, welche auf wissenschaftlich nicht haltbaren Aussagen beruhen, führen demnach die Öffentlichkeit in die Irre, rücken wirksame Massnahmen zum Schutz der Artenvielfalt und Bestäubungssicherheit in den Hintergrund und binden wertvolle Ressourcen in wenig zielführenden Projekten. Zurückhaltende bis fehlende Aufklärungsbemühungen befördern diese Entwicklung.

Potenziale nutzen
Die IG Wilde Biene ist davon überzeugt, dass mittels wissenschaftlich fundierter Informationen, Aufklärungsarbeit und zielgerichteter Massnahmen eine Trendumkehr hin zu einer wieder artenreicheren und gesunderen Umwelt möglich ist.

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